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300 Seemeilen durch Deutschland: Von Gelting-Mole nach Bergkamen-RüntheDie Saison neigt sich dem Ende zu. Zeit, um an das Winterlager zu denken. Wir beschließen, unser Boot in die Nähe unseres Heimatortes Wuppertal zu bringen. Ausgesucht haben wir uns die Marina Rünthe. Sie liegt am Datteln-Hamm-Kanal in Bergkamen. Das sind etwa 40 Autominuten Entfernung von Wuppertal. Der Weg unserer Sophie dorthin führt mit gelegtem Mast über Kiel, den Nord-Ostsee- Kanal und den Elbe-Weser-Schifffahrtsweg nach Bremerhaven. Von dort geht es über Weser und Hunte mit Station in Oldenburg auf dem Küstenkanal zur Ems. Ems und Dortmund-Ems- Kanal bergauf bringen uns schließlich zum Datteln-Hamm-Kanal und - nach neun Tagen und über 300 Seemeilen unter Motor - zu unserem Ziel in Bergkamen-Rünthe. VorbereitungAm Samstag, den 22.9.2007 finden wir uns in Gelting-Mole ein, um den Mast zu legen und unser Schiff auf die Überfahrt vorzubereiten. Ich habe eine Holzkonstruktion gebastelt, die auf dem Achterdeck stehend den Mast aufnehmen soll. Auf dem Vorschiff wird der Mast in den Bugkorb gelegt. Sofern ich mich nicht vermessen und verrechnet habe, passt der Mast so der Länge nach auch über unsere Sprayhood und die Windschutzscheibe. Eine gewisse Anspannung können wir nicht leugnen.Es ist das erste Mal, dass wir den Mast legen. Ich halte jede Schraube und jeden Splint mit der Kamera fest, bevor ich das Teil löse. Mit gelösten Unterwanten, getrennten Kabelverbindungen und ohne Großbaum tuckern wir zum Kran. Dort geht das Ganze recht fix. Die Kranschlinge wird um den Mast gelegt. Wir lösen die Oberwanten und das Achterstag. Zuletzt wird die Rollreffanlage vom Bugbeschlag getrennt und der Mast angehoben. In horizontaler Position wird schnell noch die Antenne und der Windex abgeschraubt, dann wird der Mast auf das Schiff in die vorgesehene Konstruktion gelegt. Passt genau! Gott sei Dank, die erste Hürde ist genommen.
Den Rest des Wochenendes verbringen wir damit, alles zu sichern, das Topplicht und die Ersatzantenne auf den liegenden Mast zu setzen und Diesel nachzufüllen. Mittwoch werden wir wieder da sein und uns aus Gelting-Mole verabschieden. Noch ein paar Worte zur generellen Vorbereitung auf diesen langen Trip. Wir haben uns die "Gewässerkarte Deutschland" von Jürgen Strassburger zugelegt. Da sind alle relevanten Flüsse und Kanäle drin. Das war sehr hilfreich. Mindestens genauso empfehlenswert ist das elektronische Wasserstraßen-Informationssystem (ELWIS) der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (www.elwis.de). Über dieses Internetangebot erfährt man alles Wissenswerte über die Kanäle und Schleusen, wie z.B. bestimmte Betriebszeiten an Sonn- und Feiertagen, Rufnummern und die UKW-Funkkanäle. Außerdem gibt es im Segeln-Forum einen sehr guten Artikel zum Thema Nord-Ostsee-Kanal. Auf den Kanälen gibt es längere Strecken ohne Tankstellen. Wir haben einen 120-Liter-Tank und zusätzlich 25 Liter in Kanistern mitgenommen. Für das Schleusen unentbehrlich: ein ausreichend dimensioniertes Fenderbrett. Tag 1: Gelting-Mole - KielEs ist Mittwoch, der 26.9.2007. Wir sind mit dem Zug nach Flensburg unterwegs. Ein letztes Mal überqueren wir den Nord-Ostsee-Kanal auf der Eisenbahnbrücke bei Rendsburg. Schon morgen werden wir hier unten durch fahren, wenn alles glatt läuft.Wir erreichen Gelting-Mole gegen 14:00. Da bereits alles gepackt und vorbereitet ist, fackeln wir nicht lange und legen um 14:45 ab. Es ist praktisch windstill. Ab Morgen soll es dagegen sehr stürmisch werden. Deshalb machen wir uns direkt auf den Weg nach Kiel. Sturm und Wellen mit gelegtem Mast wollen wir uns ersparen. Um 14:55 runden wir Kalkgrund. Ein letzter Blick zurück auf die Bucht von Gelting. Schade, dass dieses Traumrevier so weit weg von unserem Wohnort liegt. Nächstes Jahr wartet das IJsselmeer auf uns. Ob das mit der Ostsee mithalten kann? Wir sind gespannt. Im Moment sind wir aber noch gespannter darauf, wie wir uns bei Dunkelheit auf der Ostsee zurecht finden. Denn vor uns liegt unser erster Schlag bei Dunkelheit. Wir beobachten einen traumhaften Sonnenuntergang. Um 19:00 Uhr schalten wir die Positionslichter ein. Langsam wird es dunkel. Als wir die Kieler Förde erreichen, ist das letzte Tageslicht gewichen. Stattdessen liegt vor uns ein Meer von grünen, roten und weißen Lichtern, die in verschiedenen Intervallen an und aus gehen. Einige der Lichter bewegen sich: Frachtschiffe und kleinere Motorboote, auch ein paar Segler unter Motor sind dabei. Dank der Seekarte und der darin eingezeichneten Kennung der Leuchtfeuer ist es jedoch ziemlich unkompliziert, die Orientierung zu behalten. Nur an das Gefühl, ins Schwarze zu fahren und die Wasseroberfläche nicht mehr zu sehen, müssen wir uns erst noch gewöhnen. Alles ganz schön aufregend, aber auch aufregend schön. Gegen 21:20 erreichen wir den kleinen Hafen an der Schleuse Holtenau und machen dort am Steg fest. Wir kochen uns noch eine Kleinigkeit und fallen müde und ein wenig stolz auf unseren ersten Nachtschlag in die Kojen. Morgen wartet der NOK auf uns. Tag 2: Kiel - NOK - BrunsbüttelDonnerstag, 27.9.2007, 09:10. Wir legen ab und tuckern in den Wartebereich vor der Schleuse Holtenau. Das Wasser ist selbst hier tief in der Förde noch sehr kabbelig, der Wind pfeift uns um die Ohren. Gut, dass wir schon hier sind und die Ostsee hinter uns liegt. Um 09:50 signalisiert uns das unterbrochene weiße Licht an der Schleuse, dass wir einfahren dürfen. Wir liegen mit zwei Binnenschiffen, einem Schlepper und weiteren Seglern in der Schleusenkammer. Beim Schleusenwärter entrichte ich 18 EUR für die Fahrt durch den Kanal.Um 10:10 verlassen wir die Schleuse. Der Höhenunterschied war kaum spürbar. Jetzt liegt vor uns der berühmte Kanal, der die Nordsee mit der Ostsee verbindet. Wir setzten den Autopiloten ein und tuckern in Richtung Westen. Einige sehr große Pötte sind hier unterwegs. Manche überholen uns. Dabei entsteht ein großes Wellental. Man muss aufpassen, nicht zu nah am Ufer zu fahren, sonst könnte es zu Grundberührungen kommen. Im Wellental neben den Dampfern hat man den Eindruck, bergab zu gleiten. Vorsicht! Nicht zu nah an den Riesen ansaugen lassen! Man kommt sich sehr klein vor und ist es ja eigentlich auch. Um 13:20 passieren wir die Eisenbahnbrücke Rendsburg. Unter der Eisenbahnbrücke hängt an Drahtseilen eine Schwebefähre, die Autos und Personen zwischen den Ufern des Kanals hin- und her befördert. An Land beobachten Schaulustige das Treiben auf dem Kanal. Eine echte Touristenattraktion, die Eisenbahnbrücke von Rendsburg!
Es geht weiter den Kanal entlang. Auf den langen, nur von Wällen und Bäumen begrenzten Passagen entwickelt sich bei uns so langsam eine Vorahnung auf den langen Trip, der uns noch bevorsteht. Segeln ist auf jeden Fall deutlich unterhaltsamer als Motoren. Gegen 18:30 erreichen wir das Gebiet um Brunsbüttel. Auf der linken Seite sind große Industrieanlagen zu sehen. Sieht nach Ölindustrie aus. Wir passieren ein großes chinesisches Frachtschiff. Die Chinesen winken uns fröhlich zu, fotografieren und filmen uns. Irgendwo in China wird man uns später auf Video sehen und sich über die beiden in Ölzeug verpackten Deutschen in dem kleinen Boot auf dem großen Kanal wundern ... Wir erreichen den Yachthafen Brunsbüttel um 18:55 und machen an der der Schleuse zugewandten Seite fest. Direkt neben uns fahren die großen Pötte ein und aus. Wir sind praktisch nur durch einen Schwimmsteg von ihnen getrennt. Die Schraubengeräusche sind enorm. Erinnerungen an den Film "Das Boot" werden wach. Tag 3: BrunsbüttelDer Seewetterbericht von DP07 für Freitag, den 28.9.07 kündigt für die Elbemündung Nordostwind mit Stärke 6, Böen 9 an. Das ist uns zu viel. Wir bleiben vorerst in Brunsbüttel. Trotzdem nehmen wir schon einmal Kontakt mit der Schleuse in Otterndorf auf. Aus unserer Gewässerkarte entnehmen wir, dass die Schleuse nur zu bestimmten Zeiten kurz vor und kurz nach Niedrigwasser genutzt werden kann. Um sicher zu gehen, frage ich den Schleusenwärter, in welchem Zeitfenster die Schleuse morgen in Betrieb ist. Zwischen ca. 10:30 und 13:00 Uhr wird das morgen sein. Außerdem frage ich nach Wasserstand und maximaler Durchfahrtshöhe auf dem Elbe-Weser-Schifffahrtsweg. Die maximale Durchfahrtshöhe beträgt 2,70 Meter bei einem Wasserstand von 1,50 Meter. Aber der Kanal führe im Moment ca. 8 cm weniger Wasser, eröffnet mir der Schleusenwärter von Otterndorf. Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt freuen soll oder ob mir richtig schlecht wird? Unser Schiff ist mit aufgelegtem Mast fast auf den Zentimeter genau 2,70 Meter hoch. Unser Tiefgang beträgt 1,40 Meter. Was uns oben an Luft draufgelegt wird, fehlt uns unten. Das kann ja lustig werden ...
Den Rest des Tages verbringen wir mit einem ausgedehnten Spaziergang zu den Schleusen und durch Brunsbüttel. Das Wetter ist bescheiden, aber es soll morgen besser werden. Um halb zehn gehen wir hundemüde ins Bett. Tag 4: Brünsbüttel - Elbe-Weser-Schifffahrtsweg - BremerhavenSamstag, 29.9.2007. Wir stehen zeitig auf und legen um kurz vor acht ab. Der erste Weg führt uns zur Tankstelle, wo wir noch einmal Diesel bunkern. Um 08:45 fahren wir in die Schleuse Nord ein. Eine Viertelstunde später öffnet sich die Schleuse und die Elbe liegt vor uns. Es ist etwas diesig, der Wind weht schwach aus Nord. Wir haben ablaufendes Wasser.Wir hangeln uns am Tonnenstrich entlang flussabwärts. Auf einmal schaut uns aus dem Wasser heraus jemand an! Was im ersten Moment wie ein Taucher aussieht, entpuppt sich als Seehund, der uns neugierig betrachtet. Klar, wir wollen ihn fotografieren! Aber er ist kamerascheu und verdrückt sich, bevor ich den Auslöser finden kann. Gegen 10:00 Uhr erreichen wir die Zufahrt nach Otterndorf. Wir haben Niedrigwasser. Aber die Zufahrt sollte eigentlich laut Seekarte tief genug sein, um zur Schleuse durchzufahren. Leider sind die Tonnen, welche die Zufahrt markieren, etwas versetzt im Gegensatz zur Zeichnung in der Seekarte. Wir treffen nicht den richtigen Winkel, es ruckelt kurz, dann geht nichts mehr. Wir sitzen fest! Wir lernen auf einen Schlag gleich mehrere wichtige Dinge: 1. Grüne Tonnen mit spitzen Toppzeichen sind wirklich die steuerbordseitige Markierung eines Fahrwassers. Es macht also keinen Sinn, diese an Backbord zu lassen. 2. Die Entscheidung für einen soliden Langkieler - wie unsere Sophie - war goldrichtig! Ich möchte nicht wissen, was für ein blödes Gefühl das sein muss, mit einem modernen t-förmigen Kiel auf den Schlick zu fahren. 3. Bei Niedrigwasser festzufahren ist halb so wild, weil man mit steigendem Wasser wieder freikommt. Insbesondere Letzteres beruhigt uns und genauso kommt es auch. Nach einer guten dreiviertel Stunde haben wir uns dank steigendem Wasserpegel und leichter Wellen wieder freigestrampelt. Kurz darauf gelingt uns die Einfahrt nach Otterndorf und zur Schleuse. Viel Zeit blieb uns auch nicht mehr, denn ab einer bestimmten Wasserhöhe ist die Schleuse nicht mehr zu erreichen. Vor der Schleuse muss ein Tunnel durchfahren werden, der bei Flut unpassierbar ist.
Der Schleusenwärter begrüßt uns freundlich und schleust uns durch. Um 12:30 befinden wir uns auf dem Elbe-Weser-Schifffahrtsweg und warten gespannt auf die bald auftauchende Eisenbahnbrücke mit der niedrigen Durchfahrtshöhe. Wir passen wirklich nur knapp darunter, aber es reicht. Auf dem Kanal müssen wir uns immer sehr mittig halten. Zum Ufer hin wird es flacher. Mehrfach ziehen wir unseren Kiel durch den Schlick. Mein Adrenalinpegel ist permanent am Anschlag und ich warte eigentlich nur darauf, dass es ruckt und wir nicht mehr weiterkommen. Ich fürchte, wenn das passiert, kann uns nur noch ein Trecker retten. Abgesehen davon ist es aber sehr schön hier. Der Kanal ist offensichtlich eine ältere Wasserstraße. Wir gleiten durch eine wunderschöne Landschaft. Das Wetter hat sich auch gebessert. Um 16:30 passieren wir die Schleuse Lintig. Hier muss man den Schleusenvorgang durch das Bedienen von Tasten selbst steuern. Nach der Schleuse Lintig wird der Kanal noch etwas enger. Wir passieren viele Angler. Boote sind nicht zu sehen. Erst gegen 18:00 Uhr wird der Kanal breiter und vereinigt sich mit einem Flusslauf. Wir durchqueren eine schöne Moorlandschaft und beobachten Rehe, die neugierig zu uns herüber schauen. Hier kommt uns ein kleines Motorboot entgegen, das einzige heute.
Um 19:00 Uhr erreichen wir die Schleuse bei Bremerhaven. Dort machen wir fest. Wir sind froh, hier angekommen zu sein. Zwischenzeitlich hatte ich arge Bedenken. Aber jetzt kann es eigentlich nur besser werden. Wir werfen unseren Cobb-Grill an und machen uns einen netten Abend an Bord. Tag 5: Bremerhaven - OldenburgAm Sonntag, den 30.9.2007, brechen wir um 09:25 auf. Die Einfahrt in die Schleuse gestaltet sich als anspruchsvoll, weil neben der Schleuse das Sperrwerk geöffnet ist, um Wasser in den letzten Kanalabschnitt bis zur Weser zu lassen. Dadurch entsteht ein starker Sog vor der Schleuse. Wir treffen die Schleuse erst im zweiten Anlauf. Hinter der Schleuse erwartet uns ein Kanal, der den Eindruck erweckt, in der Mitte sei nur noch eine braune schlammige Pfütze. Die ist zum Glück tief genug für uns. Aber es ist schon etwas gespenstisch, wenn rechts und links das Ufer hoch aufragt und die Boote dort auf dem Schlick liegen. Niedrigwasser eben! So tuckern wir durch Bremerhaven.
Wir laufen um 10:15 in die Weser ein und fahren flussaufwärts. Einige Segler sind zu sehen. Daneben viele Binnenschiffe. Zwischendurch kommt Nebel und Regen auf. Wir hangeln uns am Rand des Fahrwassers entlang. Wenig später klart die Sicht wieder auf. Um kurz nach eins erreichen wir Elsfleht. Hier haben wir uns vor ein paar Jahren mal ein Schiff, eine Hanse 291 (schrecklicher Zustand!), angesehen. Wir verlassen den Seitenarm der Weser und biegen ein in die Hunte, die uns bis nach Oldenburg führt. Wir erreichen Oldenburg gegen 16:00 Uhr und machen fest in der OWV-Marina im Wendehafen. Hier liegen wir wirklich gut, es gibt Strom, Wasser und Dusche. Die haben wir jetzt auch nötig. Frisch geduscht und gut gelaunt machen wir uns noch einen netten Abend in Oldenburg. Tag 6: Oldenburg - Küstenkanal - Walchum (Ems)Heute schlafen wir mal länger. Gestern ist es etwas spät geworden. Wir frühstücken und legen um 10:25 ab. Eine Stunde später passieren wir die Schleuse Oldenburg und erreichen den Küstenkanal. Die Schleuse Oldenburg ist die erste große Binnenschifffahrtsschleuse. Wir sind beeindruckt. Es geht ganz schön nach oben.Wir fangen an, unsere Schleusentechnik zu perfektionieren. Anlegen mit Vorspring und Achterspring, die beide etwa auf Schiffsmitte über den gleichen Poller in der Schleuse gelegt werden. Während der Fahrt nach oben werden die Leinen auf die nächst höheren Poller umgelegt, bis das obere Ende erreicht ist. Unverzichtbar ist ein Fenderbrett. Das haben wir in weiser Voraussicht mitgenommen. Die Schleusenwände sind allesamt in Wellen ausgeprägt. Fender ohne Fenderbrett würden das Schiff nicht ausreichend auf Abstand halten. Die Fahrt durch den Küstenkanal ist ziemlich ermüdend. Der Kanal ist fast vollständig von Bäumen eingefasst. Das sieht im ersten Moment schön aus, ist aber auf Dauer sehr langweilig. Unterwegs kochen wir Linsen mit Spätzle und Würstchen. Warmes Essen hebt die Stimmung. Nach sechs Stunden Fahrt erreichen wir die Schleuse Dörpen an der Ostseite des Küstenkanals. Leider müssen wir dort über eine Stunde warten, bis es weitergeht. Die Binnenschifffahrt hat Vorrang. Dadurch kommt unser Zeitplan etwas in Verzug. Wir erreichen die Ems (den Dortmund-Ems-Kanal) erst um 19:15. Wir fahren die Ems flussaufwärts Richtung Münster. Uns kommt eine Menge Treibholz entgegen. Einmal donnert es ziemlich laut gegen unseren Rumpf. Es wird dunkel, dunkler, stockfinster! Im Gegensatz zur Kieler Förde, die im Lichterglanz strahlt, gibt es hier nicht einmal eine Straßenlaterne. Wir nutzen den Handscheinwerfer und leuchten das Ufer ab, auf der Suche nach einer Anlegestelle. Aber am Ufer ist nur Wald zu sehen. Endlich entdecken wir auf der rechten Seite ein hell erleuchtetes Haus. Als wir auf gleicher Höhe sind, erkennen wir vor dem Haus die Einfahrt in eine Marina. Und in der Marina ist auch eine Segelyacht zu sehen. Das lässt darauf schließen, dass es dort auch für uns tief genug sein wird. Wir drehen einen Kreis und laufen in die Marina ein. Unser Tiefenmesser zeigt immer weniger Wasser unterm Kiel an: 30cm, 20cm, 10cm, ... ich erwarte schon den Aufschlag, als es wieder tiefer wird. Das war die Landzunge auf der rechten Seite der Einfahrt, die flach und relativ weit in die Einfahrt hineinragt. Wir sind drüber hinweg, steuern einen freien Liegeplatz an, Petra springt auf den Steg und schwupps - schon liegen wir fest und sicher in der Box. Am Steg erwartet uns der freundliche dicke Hafenmeister. Petra fragt ihn, ob wir hier wohl übernachten dürfen? "Na klar, Mädsche!", sagt er und grinst. Wir sind in der Marina Walchum (Marinapark Emstal) gelandet. Es gibt ein nettes Restaurant hier und man kann Brötchen für den nächsten Morgen bestellen. Duschen und Strom gibt es selbstverständlich auch. Selten hat mir ein Bier so gut geschmeckt, wie an diesem Abend! Tag 7: Dortmund-Ems-Kanal, Teil 1Am Dienstagmorgen (2.10.2007) untersuche ich erst einmal den Impeller. Gestern war die Motortemperatur zum Teil ziemlich angestiegen. Der Impeller scheint jedoch in Ordnung zu sein. Allerdings ist die Papierdichtung nach dem Aufschrauben des Deckels hinüber. Nun ist der Deckel nicht mehr ganz dicht. Es tropft immer etwas Wasser heraus. Nicht weiter schlimm, ein Fall für das Winterlager. Aber wir müssen nun den Wasserstand in der Bilge beobachten und hin und wieder die Bilge leer pumpen.Wir brechen um 09:30 auf. Vor uns liegen nun 13 Schleusen auf dem Dortmund-Ems-Kanal. Heute passieren wir die Schleusen Düthe, Hilter, Hüntel, Meppen, Varloh, Gleesen und Hesselte. Sehr beeindruckend ist die Schleuse Meppen. Es geht irre weit nach oben. Besonders anstrengend war die Schleuse Gleesen, in der während des Schleusens sehr viel Bewegung im Wasser ist. Wir melden uns immer telefonisch bei den Schleusen an. Die Rufnummern haben wir uns aus dem elektronischen Wasserstraßen-Informationssystem (ELWIS) der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes via Internet besorgt. Über dieses Internetangebot erfährt man auch alles weitere Wissenswerte, wie z.B. bestimmte Betriebszeiten an Sonn- und Feiertagen und die UKW-Funkkanäle. Meist schleusen wir gemeinsam mit irgendeinem Binnenschiff. Das Binnenschiff fährt zuerst in die Schleuse ein und macht fest, wir liegen mit ausreichend Sicherheitsabstand dahinter. Die Ausfahrt vollzieht sich in der gleichen Reihenfolge. Man tut gut daran, zu warten, bis das Binnenschiff die Schleuse vollständig verlassen und sich das Wasser in der Schleuse etwas beruhigt hat. Sonst wird man ziemlich durcheinander gewirbelt. Die letzten Kilometer bis zur Schleuse Venhaus fahren wir in kompletter Dunkelheit. Wir orientieren uns am Hecklicht des vorausfahrenden Binnenschiffs Christoph Harms. Mit dem Schleusenwärter der Schleuse Venhaus sprechen wir ab, dass wir links vor der Schleuse anlegen und übernachten können. Wir machen fest um 21:45. Tag 8: Dortmund-Ems-Kanal, Teil 2Heute, am 3. Oktober, haben wir das Ziel, bis 14:00 Uhr die Schleuse Bevergern zu passieren. Aufgrund des Feiertages wird der Betrieb danach eingestellt. Deshalb stellen wir uns den Wecker auf 05:45. Nach dem Frühstück checke ich den Ölstand und fülle einen halben Liter nach. Auch Treibstoff wird nachgefüllt. Wir haben 25 Liter in zwei Kanistern dabei. Seit Brunsbüttel haben wir rund 80 Liter verbraucht. Das entspricht etwa 2 Litern pro Stunde. Kein schlechter Wert für einen 30 Jahre alten Zweizylinder.Wir legen um 07:45 ab und können direkt in die Schleuse einfahren. Es folgen die Schleusen Altenrheine und Rodde. Vor der Schleuse Rodde müssen wir 1,5 Stunden warten, was uns im Zeitplan etwas nach hinten wirft. Dort wird zwischen den Schleusenvorgängen Wasser in den unteren Kanalabschnitt geleitet. Trotzdem erreichen wir die Schleuse Bevergern noch rechtzeitig und schleusen dort um 13:00. Vor uns liegt nun der lange Weg nach Münster und dort die für uns letzte Schleuse des Dortmund-Ems-Kanals. Der Dortmund-Ems-Kanal ist nach Bevergen und der Einmündung des Mittellandkanals sehr gut ausgebaut. Man könnte hier jederzeit am Ufer anhalten und festmachen. Es gibt auch teilweise spezielle Abschnitte, die zum Festmachen für Kleinfahrzeuge vorgesehen sind. Das Wasser ist relativ sauber. Die Motortemperatur bleibt im normalen Bereich - das klare Wasser tut dem Motor gut. Auch landschaftlich ist dieser Abschnitt sehr schön, weil der Blick nicht ständig durch hohe Wälle oder dichten Bewuchs verstellt wird. Auf dem Weg nach Münster queren wir die Autobahn A1. Auch auf dieser Autobahnbrücke haben wir schon oft daran gedacht, dass wir irgendwann einmal darunter hindurch fahren. Jetzt ist es soweit! Wir passieren die Schleuse Münster um 17:45. In dieser Schleuse ist das Wasser während des Schleusens wieder sehr unruhig. Uns wir noch einmal körperlich alles abverlangt, um das Boot sicher an der Schleusenwand zu halten. Wir schippern in den Stadthafen von Münster und machen dort um 18:20 fest. Spontan verabreden wir uns mit Melanie, meiner Mitarbeiterin von der DGOF, und verbringen einen lustigen Abend in den Kneipen am Hafen und später noch an Bord. Tag 9: Münster - Dortmund-Ems-Kanal - Datteln-Hamm- Kanal - Bergkamen RüntheEs ist Donnerstag, der 4.10.2007. Der letzte Abschnitt unseres langen Überführungstörns liegt vor uns. Ein Tag ohne Schleuse!Leider beginnt der Tag mit Nieselregen. Wir starten um 09:30. Der Nieselregen lässt kurz darauf nach. Die Sonne kommt hervor. Ich nutze die Gelegenheit und reinige gründlich das Deck. Um 14:30 erreichen wir den Datteln-Hamm-Kanal. Noch zwei Stunden, dann haben wir unser Ziel, die Marina Rünthe, erreicht. Um 16:45 machen wir dort fest. Pünktlich zum Anlegerbier kommt unser Freund Jochen an Bord, um uns zu begrüßen. Wir sind glücklich und erleichtert, dass wir diesen langen Trip ohne größere Schwierigkeiten hinter uns gebracht haben. Morgen wird unsere Sophie aus dem Wasser gehoben und auf Land gestellt. Wir sind gespannt auf den Zustand des Unterwasserschiffes. Auskranen und WinterlagerAm 5.10.2007 wird unser Schiff aus dem Wasser gehoben. Das Unterwasserschiff hat nur einen ganz leichten grünen Belag, der sich problemlos entfernen lässt. Kein Bewuchs, keine Muscheln, nichts! Nur auf der Schraube ein paar Seepocken. Das hätten wir nicht erwartet. Also ist am Unterwasserschiff in diesem Winter nichts zu unternehmen.
Das gilt allerdings nicht für andere Regionen des Bootes. Bereits wenige Tage nach dem Auskranen und den ganzen Winter über gleicht das Schiff einer Baustelle: Neue Schalttafel, neuer Bodenbelag und neue Wandfarbe im Toilettenbereich, Erneuerung eines Wasserablaufs, Einbau einer elektrischen Bilgepumpe, nachrüsten einer weiteren Winsch an Backbord (wir wollen Spinnakersegeln!), eines Ankerlichtes, einer GPS-Antenne. Sophie bekommt einen Landstromanschluss. Die Segel werden beim Segelmacher auf Vordermann gebracht, die Sprayhood wird erneuert.
Und - last but not least - ist ein neuer Motor fällig. Der Motor selbst lief bis zuletzt zuverlässig. Das Getriebe ist jedoch hinüber. Der Vorwärtsgang rastet aufgrund von Verschleiß nicht mehr zuverlässig ein. Für unser Volvo Penta MSB Wendegetriebe gibt es leider keine Ersatzteile mehr. Ein gebrauchtes Austauschgetriebe macht auch keinen Sinn, denn hier ist der gleiche Verschleiß zu erwarten. Also wird uns in Zukunft ein nagelneuer zweikreisgekühlter Volvo Penta D1-30 durchs Wasser schieben. Hoffentlich genauso zuverlässig, wie unser alter MD11-C. Schließlich steht Pfingsten die nächste Überführung (ins IJsselmeer) an. |
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