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Pfingsten 2007: Rund Als


Leuchtfeuer Kalkgrund

Jetzt ist es knapp einen Monat her, dass wir unsere Segelyacht Sophie übernommen und in den Heimathafen Gelting-Mole verlegt haben. Recht ungeduldig haben wir dem Tag entgegen gefiebert, wieder an Bord zu gehen. Heute, am 25.sten Mai, dem Freitag vor Pfingsten, ist es endlich soweit. Abends um kurz nach sieben machen wir uns auf den Weg. Wie einst bei Bommerlunder: "Richtung Norden, und dann immer geradeaus."

Der Törn im Überblick


Gelting-Mole - Sønderborg - Lyø - Gelting-Mole

Freitag: Wiedersehen in Gelting-Mole

Das Auto ist vollgepackt. Wir haben Bettzeug dabei, gereinigte Sitzkissen und Vorhänge, den frisch lackierte Cockpittisch, das neue Funkgerät, ein neues GPS, Proviant natürlich und noch das eine oder andere Werkzeug. Gut, dass wir erst am Abend losgefahren sind. Die Staus, die am Freitag vor Pfingsten wie üblich außergewöhnliche Dimensionen angenommen haben, lösen sich gerade in Luft auf. Die Fahrt dauert gute viereinhalb Stunden. Davon verbringe ich die ersten drei Stunden noch am Notebook auf dem Beifahrersitz. Einfach zu viel Arbeit im Moment.

Auf dem Parkplatz unseres Yachthafens treffen wir Siggi und Jochen, unsere Segelfreunde. Sie sind mit ihrem Wohnwagen bereits im Laufe des Tages angereist und freuen sich darauf, mit uns den ersten Törn der Saison zu bestreiten. Im schnuckeligen kleinen Wohnwagen (ein Klassiker von Eriba) begießen wir unser Wiedersehen mit einem kräftigen Schluck Champagner. Man gönnt sich ja sonst nichts! Außerdem haben unsere Freunde kleine Geschenke für uns. Zwei Hochsicherheitsrettungsinseln, also eigentlich eher Rettungsmittel, genau genommen zwei Schwimmreifen mit Seepferdchenköpfen, aber mit unserem Schiffsnamen versehen. Und - vielleicht das wichtigste Utensil in den nächsten Jahren - eine Kartusche Sikaflex. Super, da kann ja nichts mehr schief gehen.

Fröhlich und leicht angesäuselt packen wir unsere Siebensachen auf die bereitstehenden Bollerwagen und machen uns auf den Weg an den Steg. Tatsächlich - das Schiff liegt noch da, und zwar so, wie wir es verlassen haben! Wahrscheinlich werden wir uns mit der Zeit daran gewöhnen, aber das erste Mal wieder zum Schiff zurückzukehren ist unglaublich aufregend. Und erst der erste Blick unter Deck: Hoffentlich steht nichts unter Wasser ...

Nein, alles trocken und so wie es sein soll. Uns fallen dicke Steine vom Herzen. Rasch sind alle Dinge verstaut. Auch die Taschen unserer Freunde sind an Bord. Wir können also zum gemütlichen Teil übergehen. Erwähnte ich schon, dass es bereits weit nach 1 Uhr in der Nacht ist? Trotz vorgerückter Stunde sitzen wir noch eine ganze Zeit gemütlich zusammen, trinken den einen oder anderen Schluck und haben sowieso noch so viel zu erzählen ...

Petra
Siggi
Jochen
Olaf

Samstag: Basteln, basteln, basteln und dann doch noch auslaufen ...

Ich bin um 8 Uhr wach, ich kann einfach nicht länger schlafen. Außerdem tropft es leicht durch das Oberlicht im Vorschiff. Nicht gerade in Sturzbächen, aber doch merklich. Draußen regnet es in Strömen, dazu weht ein Wind, der jedem Segler zuwider sein muss, nämlich gar keiner! Siggi und Jochen sind auch schon aktiv.

Wir frühstücken unter Deck, auch Petra hat mittlerweile ausgeschlafen, und besprechen, was wir uns für heute vornehmen wollen. Auslaufen? Man muss es ja nicht erzwingen. Das Wetter ist im Moment wirklich äußerst unattraktiv. Außerdem haben wir noch was zu basteln dabei: Funkgerät, GPS, Spifall und Toppnant.

Gegen später wollen wir grillen. Also machen sich die Mädels auf zum Einkaufen - die Jungs öffnen den Bastelkoffer. Um das Funkgerät und das neue GPS anzuschließen und miteinander zu verbinden, öffnen wir die Holzverkleidung am Kartentisch, hinter der wir die entsprechenden Kabel vermuten. Ja, da sind Kabel! Viele, gaaanz viele Kabel!! Kabel, die mit anderen verbunden sind, Kabel, die ein loses Ende haben, Kabel mit seltsamen Dingen dran, aus denen wiederum Kabel herauskommen, die frei in der Luft hängen, rote Kabel, schwarze Kabel, weiße Kabel - man könnte sagen: Kabelsalat!

Jochen und ich beschäftigen uns eine gute Stunde damit, herauszufinden, welche Kabel wohin gehen und zu welchem Zweck sie verlegt sind. Vieles haben wir dabei herausgefunden, manches blieb uns unklar. Aber was zählt, ist natürlich das Ergebnis: Wir haben es tatsächlich geschafft, Funk und GPS anzuschließen. Erste Funktionsprüfungen ergeben, dass wir unsere Sache bis hierhin wohl richtig gemacht haben. Aber leider kommt dabei auch zu Tage, dass das Funkgerät werkseitig noch nicht richtig programmiert ist. Die MMSI ist noch nicht eingetragen. Damit steht der DSC-Modus nicht zur Verfügung, bei dem die GPS-Daten in das Funkgerät übernommen werden. Das bedeutet, dass ich das Gerät am Ende des Törns wieder mit nach Hause nehmen muss, um die Daten nachprogrammieren zu lassen. Nebenbei entdecken wir bei der Kabelverfolgung steuerbord achtern noch eine leicht undichte Stelle unter einer Relingstütze. Hmm, das mit der Kartusche Sikaflex war wohl vorausschauender, als wir alle gedacht haben.

Dafür hat es weitgehend aufgehört zu regnen. Siggi und Petra sind auch wieder da. Zeit für Teil 2 der Bastelstunde mit Jochen, Olaf, Petra und Siggi: Klar zum Entern der Mastspitze! Ich lege einen Klettergurt an, Jochen kurbelt mich am Großfall in den Mast, Petra sichert mit der Dirk. So geht es aufwärts. Zunächst wird auf halber Strecke der Toppnant eingefädelt. Das ist eine Sache von wenigen Minuten. Dann geht es weiter nach oben bis ans Ende der Stange. Das Einziehen des Spifalls gestaltet sich etwas schwieriger, weil das Ende am Mastfuß partout nicht aus der Öffnung herauskommen will, für die es eigentlich vorgesehen ist. Siggi und Jochen wenden ihr ganzes Geschick als Bastelkönige auf, während mir oben im Klettergurt langsam das linke Bein einschläft. Irgendwann gelingt es den beiden dann doch, den Bindfaden unten durchzufädeln und wir können das Fall in den Mast ziehen. Wieder unten, betrachten wir voller Stolz unser Werk. Fehlt nur noch der Spi!!

Und dann war da ja auch noch die Genua, die wir beim Verlassen des Schiffes abgeschlagen hatten. Der Voreigner hatte uns vorgewarnt, das Einziehen des Vorlieks in das Profil der Rollreffanlage sei eine ziemliche Fummelarbeit. Stimmt, es ist ein Gefummel ... aber nicht so schlimm, wie wir das befürchtet hatten. Nach knapp 5 Minuten ist das Vorsegel einsatzbereit.

Mittlerweile ist es Nachmittag, der Regen ist weg, der Wind ist da!! Also los, wir sind ja nicht zum Spaß hier! Ruckzuck sind wir startklar, legen ab und tuckern aus unserem Hafen heraus. Eigentlich hatte ich mich schon damit abgefunden, heute maximal einen Kringel in der Bucht von Gelting zu drehen und dann nach Gelting-Mole zurückzukehren. Meine Mitsegler überzeugen mich jedoch davon, dass Sønderborg doch praktisch recht voraus liegt. Der Wind bläst konstant mit drei Windstärken aus Nordost. Wir müssen noch nicht einmal eine Wende fahren. Also setzen wir die Gastlandflagge, den Danebrog, und nehmen Kurs auf unser nordeuropäisches Nachbarland.

Am frühen Abend gegen 19:00 erreichen wir - nach einem kurzen, aber sehr schönen ersten Schlag unter Segeln - den Hafen von Sønderborg. Wir machen fest im Päckchen an einer dänischen Yacht. Jochen geht mit Sophie in Schleichfahrt längsseits. Der freundliche dänische Skipper nimmt uns die Leinen ab. Fest!

Wir waren vor zwei Jahren zu fast der selben Zeit hier. Man hat das Gefühl, nichts habe sich verändert. Die Sonne geht immer noch an der gleichen Stelle unter. Dahinten ist die Windmühle. Und die alten Fischerboote gegenüber habe ich, wenn ich mich recht erinnere, schon vor zwei Jahren im Foto festgehalten. Unsere Freunde haben noch eine weitere Überraschung für uns: Schottischen Malt-Whiskey von den Hebriden. Auf dem Etikett ist ein Seemann zu sehen. Wenn das nicht standesgemäß ist!

Und weil es gerade so schön ist, machen wir noch ein Lagerfeuer an Bord. Lagerfeuer bedeutet in diesem Falle, den Cobb-Grill anzuheizen. Grillen im Cockpit (ohne Funken und Ruß), das hat schon was. Wenig später bruzzeln saftige Steaks unter der Haube. Siggi ist begeistert! Dazu gibt es Bier vom Fass - Jochen hat ein Partyfässchen Krombacher aus der Tasche gezaubert. Das ist ein Leben ...

Endlich wieder Segeln!
Prost!

Die Sonne ist untergegangen. Es kehrt Ruhe ein im Hafen von Sønderborg - bis sich ein Däne mit einem fetten Motorschiff aus Stahl anschickt, an einer der kleinen Segelyachten anzulegen. Er macht einen ziemlich aufgedrehten Eindruck, und irgendwie scheint er auch nicht mehr ganz nüchtern zu sein. Etwa eine halbe Stunde hallt seine Stimme über die Boote, dann beschließt er kurzerhand, wieder abzulegen, gibt ordentlich Gas und schiebt von dannen.

Sonntag: Rund Als nach Lyø

Heute morgen bin ich nicht ganz so früh wach wie gestern. Muss wohl am Krombacher liegen :-) Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Rührei geht es ab unter die Dusche. Gegen 11:15 - die Innenlieger scharren schon mit den Hufen - legen wir ab. Heute wollen wir den Als Sund und den Als Fjord erkunden. Dazu müssen wir die südliche Klappbrücke von Sønderborg passieren. Die Brücke öffnet in regelmäßigen Abständen. Der nächste Öffnungszeitpunkt steht in großen Leuchtziffern an der Brücke angeschrieben: 11:20. Perfekt!

Klappbrücke Sønderborg

Wir tuckern noch weiter bis zur nördlichen Brücke von Sønderborg. Danach setzen wir die Segel und gleiten bei 4 Windstärken auf Amwindkurs in nördlicher Richtung durch den Als Sund. Traumhaftes Segeln durch eine wunderschöne Landschaft. Zur Nachahmung empfohlen!

Durch Als Sund und Als Fjord

Vom Als Sund geht es über in den Als Fjord, der sich nach Nordwesten erstreckt. Am Ausgang des Als Fjord werden die Wellen höher. Hier macht sich der lange Anlauf der Wellen über den Kleinen Belt bemerkbar. Auch der Wind hat zugenommen, in Böen 5 Windstärken. Wir gehen hoch an den Wind, Sophie legt sich auf die Backe, die Backbordreling wird von der Ostsee umspült, das Schiff durchpflügt sanft in die Wellen. Nach einem großzügigen Schlag auf das Gewässer nördlich von Als geht es in die erste Wende des Törns. Weitere Wenden folgen, bis gegen 16:00 der Wind weitgehend einschläft und wir die Maschine zur Überquerung des Kleinen Belt in Richtung Lyø anwerfen.

Auf dem Weg über den Kleinen Belt nach Lyø
Lyø voraus!

Wir erreichen den kleinen Hafen von Lyø gegen 18:30 und finden noch einen Platz. Um 18:40 liegen wir fest vertäut zwischen den Dalben an der Westseite des Hafens und starten einen kleinen Erkundungsgang über diese - nach wie vor - bezaubernde Insel, auf der man das Gefühl hat, die Zeit sei vor 100 Jahren stehen geblieben. Schon vor zwei Jahren, als wir mit dem Folkeboot hier gelandet sind, waren wir von Lyø sehr fasziniert. Reetgedeckte Fachwerkhäuser, großartig angelegte Gärten, ein Dorfteich mit Enten und Bauernhöfe mit großen Misthaufen und Kühen - das ist Lyø. Apropos Kühe: Hier werden die Kühe im Stall mit Musik beschallt. Wenn das nicht glücklich macht ...

Lyø: Impressionen

Wir kommen ins Gespräch mit dem bärtigen Betreiber des Kaufmannsladens. Er hat eigentlich geschlossen, es ist ja auch Sonntag und Pfingsten sowieso, trotzdem verkauft er uns gerne noch Zigaretten und Getränke. Während wir uns ein Tuborg gönnen, erzählt er uns, was mit dem Hafen geplant ist: Der soll in der nächsten Zeit erweitert werden - bis zu 300 Boote sollen dann hier liegen können. Man darf gespannt sein, wie die dann zu erwartende Yachtie-Schwemme versorgt werden soll. Insgeheim haben Jochen und ich schon die Villa auf der Straße zum Hafen ins Auge gefasst: Wenn man hier ein tolles Restaurant aufmachen würde ... pssst, nicht weitersagen!

Zurück an Bord wird gekocht. Wir speisen im Cockpit unter der Kuchenbude an unserem Cockpittisch. Beim Schein der Petroleumlampe, ein paar Blümchen in der Vase, einem guten Schluck Rotwein aus Sizilien und einer Moods lassen wir es uns gut gehen, bis uns langsam die Augen zufallen.
Tuborg find ich gut!
Sophie in Lyø
Petrolight-Dinner ...
... bei Licht betrachtet.

Montag: Schweinswale im Nebel

Montag früh - ein Blick aus der Kuchenbude verheißt nichts Gutes, zumindest, was die Fortsetzung des Törns unter Segeln angeht: Wind gleich Null und Nebel! Passt irgendwie zu der Tatsache, dass heute schon der letzte Tag unseres Törns angebrochen hat. Wir stellen uns auf einen langen Motorschlag zurück nach Gelting-Mole ein.

Gegen 11:45 laufen wir aus und machen uns auf den Weg um die Ostseite von Lyø. Hier muss man die grüne Fahrwassertonne gut im Blick haben und deutlich an der Steuerbordseite lassen. Daneben und davor ist es recht flach. Hinter der Tonne schlagen wir einen südlichen Kurs ein. Die See ist spiegelglatt. Die Sicht beträgt ca. 200m.

Auf einmal sehen wir aus der glatten See zwei markante Flossen aufsteigen, gefolgt von einem gekrümmten Buckel: Schweinswale! Diese kleine Walart, die sehr an Delphine erinnert, kommt hier relativ häufig vor. Trotzdem ist es immer wieder ein tolles Erlebnis, diese kleinen Meeressäuger zu beobachten. Und diese beiden Exemplare sollten nicht die letzten sein, die wir heute noch zu sehen bekommen. Immer wieder tauchen diese Tiere rechts und links von uns auf. Einmal sind wir sogar sehr nahe an ihnen vorbei gefahren. Das ist der Vorteil der glatten See: Man sieht die Flossen dieser kleinen Tümmler deutlich. Wenn die See bewegt ist, kann man die Flossen kaum von den Wellen unterscheiden. Faszinierend!

Der Nebel wird allerdings immer dichter. Die Sichtweite beträgt nun deutlich unter 100m. Wir geben etwa einmal pro Minute Signal mit unserem Nebelhorn, haben den zweiten Radarreflektor gesetzt und halten Hörwache und Ausschau am Bug. Hat sich da nicht was bewegt? Ich glaube, da vorne ist was? Sind das nicht Maschinengeräusche? Jochen ist drauf und dran, in der diffusen weißen Wand vor uns den fliegenden Holländer zu entdecken.

Ringsum Nebel!
Verfolger
Kalkgrund

Aber heute hat der besagte Holländer keinen Ausgang. Anstelle der Gespenster taucht neben uns im Abstand von etwa 100m eine weitere Segelyacht aus dem Nebel auf. Auch eine Hallberg-Rassy 31, das Nachfolgemodell unserer Monsun. Sie haben den gleichen Kurs wie wir und beantworten brav unsere Nebelhornsignale. Allmählich beginnt der Nebel sich zu lichten. Wir haben die Flensburger Förde erreicht und nehmen Kurs auf Kalkgrund, das unübersehbare Leuchtfeuer am Eingang der Bucht von Gelting. Das passieren wir um 16:00 Uhr. Knapp 50 Minuten später liegen wir wieder fest in unserem Hafen (Petra hat souverän angelegt) und unser Pfingsttörn ist - nach knapp 72 Seemeilen - zu Ende.

Die Zeit verging mal wieder wie im Fluge. Noch ein wenig aufräumen und klar Schiff machen, ein kurzer Snack mit den Stegnachbarn und eine Portion Labskaus im Fährhausrestaurant. Dann geht es nach Hause - zumindest für Petra und mich. Siggi und Jochen starten jetzt erst richtig durch und hängen ein paar Tage Urlaub im Wohnwagen dran. Beneidenswert.

Aber auch wir sind bald wieder an Bord. Bis dahin träumen wir jede Nacht davon, mit unserer Sophie in See zu stechen, die Segel zu setzen und fremde Häfen anzulaufen.
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